Geistliche Miniaturen

von Pater Siegfried
(† 2012)

 

Generalfeldmarschall Kesselring

Die Fürsprecherin

Frei sein - Fastenzeit

Anmeldung Weiterleben

Krankensalbung

Wiedersehen im Himmel

Weihnachtsverlängerung

Bischof Nikolaus

Himmelfahrtskommando

Die Schönheit 

Schutzengelfest

Reinkarnation

Die gute Nachricht

Ehrfurcht

Osterwoche

Versehgang

Sternstunde

Neujahrswunsch

Der Baum


Impressum

 

 

Kesselring

Albert Kesselring (1885 - 1960), Generalfeldmarschall der deutschen Wehrmacht, erlebte das Kriegsende 1945 mit seinem Stab in Maria Alm im Pinzgau im Land Salzburg. Er war seit 1942 Oberbefehlshaber Südwest mit dem Gebiet von Italien. Am 16. Mai 1945 wurde er von den amerikanischen Truppen in Gewahrsam genommen, zum Tode verurteilt, dann begnadigt und 1952 entlassen. Es geht aber hier nicht um diesen Offizier, der von vielen sehr geachtet war, sondern um seine alte Mutter.
Als Kesselring seinen Befehlsstand in Frascati bei Rom hatte, wohnte seine über 80jährige Mutter am Albanersee. Eines Tages bat er den deutschen Benediktinerpater Athanas Miller, ob er nicht seine Mutter besuchen könnte. Der meinte, ob ihn die Mutter wohl empfangen würde, da sie ja evangelisch sei. "Sicherlich und mit Freude", war die Antwort. So war es auch, und die beiden kamen bald in ein lebhaftes Gespräch, bei dem es auch zu der Frage an Mutter Kesselring kam, ob sie Angst vor dem Sterben habe. Und die Antwort: "Nicht im geringsten! Wissen Sie, ich hatte einmal eine katholische Hausangestellte, von der ich ein Gebetlein lernte, das ich jetzt täglich verrichte." - "Dürfte ich wissen, wie es lautet?" - "Gerne! Es lautet: `Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns arme Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Absterbens. Amen'. Wenn mir beim Sterben diese himmlische Mutter beisteht, dann kann ich doch ruhig sein, nicht wahr?" Der Pater war überrascht, weil evangelische Mitchristen oft Schwierigkeiten mit Maria als Fürsprecherin haben. Mutter Kesselring hatte sie nicht. Heute sprechen wir einfach von den "Sündern" und von der "Stunde unseres Todes", aber der Inhalt ist der gleiche. Der Oktober ist Rosenkranzmonat. Wenn wir beim Rosenkranzgebet wieder oft andächtig die Bitte um einen guten Tod aussprechen, dürfen wir auch zuversichtlich für die Stunde des Hinüberganges sein.

 

 

Die Fürsprecherin

Für manche Christen bedeutet es eine Schwierigkeit, Maria, die Mutter Jesu, als Fürsprecherin anzurufen. Ergreifend, wie der evangelische Arzt Dr. Siegfried Ernst, der nun konvertierte und in Rom von Kardinal Ratzinger in die Kirche aufgenommen und gefirmt worden ist, Maria als Fürbitterin kennen lernte.
Er erzählt: "Nach der Zerstörung unserer Heimatstadt Ulm im Dezember 1944 kam ich nach einer Verwundung nach Hause. Die Familie war in ein Kloster außerhalb Ulms evakuiert. Dort unterhielt ich mich ab und zu mit einer Nonne über die Frage nach der Existenz der Mutter Christi, Maria, als Fürbitterin. Kurz darauf sollte ich wieder nach dem Osten und wurde nach Wien versetzt. Im Stephansdom sah ich ein Marienbild mit vielen Kerzen (Maria Pötsch). Ich fragte eine Frau, was das Besondere dieses Bildes sei. Sie sagte mir: "Dies ist ein Marienbild für besondere Anliegen". Es war Anfang Februar 1945 und das Kriegsende kam näher. Zu Hause waren wichtige Sachen unerledigt. Ich stand neben den vielen bittenden Menschen und dachte, warum soll ich nicht ein Experiment machen und auch meinen Wunsch der Fürbitterin vortragen, dass ich trotz der totalen Urlaubssperre noch einmal nach Ulm fahren dürfe. Ich erhielt schlagartig innerlich die Antwort: "Du wirst nicht nur einmal, sondern noch zweimal nach Hause fahren dürfen!" Mancher wird jetzt über den kindlichen Doktor mit seinen religiösen Schwärmereien lächeln. Aber das, was völlig ausgeschlossen schien, geschah tatsächlich." Dr. Ernst konnte noch zweimal nach Ulm fahren und kam "nach einer wahren Kettenreaktion unwahrscheinlichster Führungen und Bewahrungen" am 13. Mai 1945 gesund wieder nach Ulm. Seitdem denkt er, wie er abschließend schreibt, anders "über die Frage nach der Marienverehrung als dem Symbol höchster menschlicher Fraulichkeit und Reinheit".

 

 

Frei sein - Fastenzeit

In den Kirchen wird am Aschermittwoch die Asche - bereitet aus den gesegneten Palmzweigen des Vorjahres - gesegnet und ausgeteilt. Asche ist Zeichen der Vergänglichkeit. Beim Auflegen der Asche werden die Worte gesprochen: "Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staube zurückkehren wirst" (dem Leibe nach). Diese Worte stehen auf den ersten Seiten der Heiligen Schrift. Unsere Stammeltern hatten sich über die Lebensweisung Gottes hinweggesetzt und die innige Gemeinschaft mit ihm gekündigt. So hörte Adam: "Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Ackerboden; von ihm bist du ja genommen. Denn Staub bist du, zum Staube kehrst du zurück" (Genesis 3, 19). Es werden aber beim Auflegen der Asche auch die anderen Worte gesprochen: "Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium!" Mit diesen Worten hat Jesus seine öffentliche Lehrtätigkeit begonnen (Markus 1, 15). Bekehren, umkehren, einen falschen Weg verlassen, einen neuen Weg wählen. Habe ich das notwendig? Die Fastenzeit wird auch ÖSTERLICHE BUSSZEIT genannt. Buße hat einen düsteren Klang. Aber es geht nicht um etwas Düsteres, sondern um etwas HERR-liches, um das Freisein von belastenden Abhängigkeiten. Wer weiß nicht von den unheilvollen Abhängigkeiten auch schon junger Menschen von Drogen, Alkohol und Nikotin? Es geht um die SelbstbeHERRschung, von der Goethe einmal sagte: "Die Hauptsache ist, dass man lerne, sich selbst zu beherrschen. Wollte ich mich ungehindert gehen lassen, so läge es wohl in mir, mich selbst und meine Umgebung zugrunde zu richten." Aber allein kommen wir nicht zurecht. Wir dürfen Gott um Hilfe bitten. Darum gehört das vertiefte Gebet zum ersten Fastenvorsatz.

 

 

Anmeldung Weiterleben

In der Nacht auf den 3. Dezember 1942 wachte Agnes Herber aus Pettenbach im Almtal in Oberösterreich plötzlich auf und hörte die vertraute Stimme ihres Sohnes Franz mit den Worten: "Mutter, bete mir dieses Vaterunser nach!" Laut und deutlich wurde dieses Gebet gesprochen, und sie betete mit. Dann war es wieder still. Frau Herber wusste, dass ihr Sohn in Stalingrad eingesetzt war. Voll Unruhe stand sie auf, ging durch das ganze Haus, und als sie nach einer Stunde wieder in die Schlafkammer zurückkam, hörte sie wieder die Stimme ihres Sohnes: "Jetzt sind noch meine drei Gegrüßet seist du, Maria, zu beten!" Als diese gebetet worden waren, kamen mit dankbarem Klang die Worte: "Jetzt bin ich bei der Himmelsmutter!" Frau Agnes erkannte nun, was dies bedeutete. Am Morgen schrieb sie in ihren Vormerkkalender zum Datum des 3. Dezember: "Franzl gefallen. R.I.P."
Anfang September 1943 kam vom Wehrkreiskommando XVII die bang erwartete Nachricht: Grenadier Franz Herber ist am 2. Dezember bei Stalingrad gefallen.
Nach Kriegsende berichtete ein Kamerad, wie es damals gewesen war. Die beiden lagen nebeneinander in einem Erdbunker und machten noch am 2. Dezember um 8 Uhr morgens Eintragungen in ihre Tagebücher. Da schlug eine Granate ein. Herber wurde von mehreren Splittern am Kopf getroffen, und beide wurden verschüttet. Als man sie gegen 9 Uhr ausgrub, war Herber tot. Bei Umfragen über das Weiterleben des Menschen nach dem Tod, wie sie in den letzten Jahren durchgeführt wurden, gab jeweils etwa die Hälfte der Befragten an, dass nach dem Tode alles aus sei. Diese Menschen könnten neben dem Zeugnis der Bibel aus einer Fülle von gut begründeten Beispielen erkennen, dass es wohl ein Weiterleben nach dem Tode gibt.

 

 

Krankensalbung


Vor einigen Jahren wurde eine junge Frau nach einem Suizidversuch in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Diese Tochter einer um ihr Kind sehr bemühten Apothekerfamilie zitterte am ganzen Körper und ließ sich nicht beruhigen. Sie betonte immer wieder, sie müsse in der kommenden Nacht sterben, darum wolle sie noch eine gute Beichte ablegen. Der Seelsorger des Krankenhauses wurde verständigt. Auch ihm sagte die Frau ständig, dass sie sterben müsse. Das Zittern hörte nicht auf. Der Pater, ein Mitbruder aus dem Franziskanerorden, der dieses Erlebnis erzählte, sagte der Frau, dass sie keineswegs sterben müsse. Sie ließ sich aber davon nicht abbringen. Erst als er ihr nach der Beichte anbot, das Sakrament der Krankensalbung zu spenden, und die Worte gesprochen wurden: "Durch diese heilige Salbung helfe dir der Herr in seinem reichen Erbarmen, er stehe dir bei mit der Kraft des Heiligen Geistes. Der Herr, der dich von Sünden befreit, rette dich, in seiner Gnade richte er dich auf", kam plötzlich eine große Ruhe über die Frau, das Zittern hörte auf, und mit aufgehelltem Gesicht sagte sie: "Muss ich wirklich nicht sterben?" - "Nein, keineswegs. Jesus hat uns doch diese Hilfe gegeben." Die Frau erlebte dann eine ruhige Nacht mit gutem Schlaf, konnte - gewiss auch nach ärztlicher Bemühung - nach einer Woche entlassen werden und kann heute wieder ihren Dienst versehen. Jede Angst vor der Krankensalbung ist ungerechtfertigt. Sie ist kein bloßes Sakrament der Sterbenden, sosehr der Sterbende auch diese Hilfe braucht. Der Priester betet auch: "Wir bitten dich, Herr, unser Erlöser, hilf diesem Kranken. Nimm von ihm alle seelischen und körperlichen Schmerzen. In deinem Erbarmen richte ihn auf und mache ihn gesund an Leib und Seele, dass er sich wiederum seiner Aufgabe widmen kann."

 

 

Wiedersehen im Himmel


Kurze Begegnung im Intercity "Hahnenkamm" während der Fahrt nach Salzburg: Die Frau, gut gekleidet, fing beim Eintreten ins Abteil gleich zu sprechen an, sie komme aus Italien, müsse jetzt zurück nach Wien, fahre aber bald wieder weg, wenn es dort zu heiß sei. "Das Leben ist so kurz, man muss es gut ausnützen". Ganz still sagte ich: "Unser Leben geht schon weiter, wir leben alle ewig". Die Frau sah mich verwundert an, zeigte aber Verständnis für diese Überzeugung als katholischer Priester, meinte aber: "Mit dem habe ich nichts zu tun, ich glaube nicht an eine Ewigkeit". "Darf ich Ihnen einige Gedanken über die Ewigkeit schicken? "Nein, nein, das ist nichts für mich. Und denken Sie doch an die Wissenschaft, die Physik, die Chemie..." Sie schien andeuten zu wollen, dass dieser Zweig der Wissenschaft gegen die Ewigkeit sprechen würde. So meinte ich, sagen zu dürfen: "Ich bin alt, habe manches erlebt, gerade auch in den fünf Jahren als Soldat im Krieg, aber auch viel Schönes. Sollte das aber wirklich alles gewesen sein? Und mit den Ereignissen der Wissenschaft konnte ich mich die ganze Zeit meines Lebens befassen. Sie haben mich nicht von Gott und der Ewigkeit weggeführt."
Salzburg kam näher. Ich musste aussteigen. Die letzten Worte: "Ich hoffe sehr, dass Sie in den Himmel kommen. Wenn es dann ein Wiedersehen im Himmel gibt, werden wir uns erinnern: Ja, damals im Intercity "Hahnenkamm" haben wir davon gesprochen." Mit einem freundlich-heiterem Lachen blieb die Frau zurück.

 

 

Weihnachtsverlängerung


Die Werbeleute sind wegen ihrer Einfälle zu bewundern. "Weihnachten wegen großen Erfolges verlängert", sah man noch kürzlich auf den Plakatflächen. Wohl die meisten werden zum Denken angeregt worden sein, was es mit dieser Weihnachtsverlängerung auf sich hat.
Als "Weihnachtsverlängerung" darf gewiss auch jetzt noch eine Weihnachtsgeschichte gebracht werden. Sie handelt vom Verkünder der Herrenmoral, dem Philosophen und Dichter Friedrich Nietzsche (1844 - 1900). Er sagte, das Christentum predige nur Abtötung und Lebensverneinung, sei Anwalt für alles Kranke, Sieche und Dekadente, sei überhaupt "der größte Schandfleck der Menschheit". Dann kam der Ausbruch seiner schweren Krankheit mit seiner über ein Jahrzehnt währenden geistigen Umnachtung. Aus dieser Zeit gibt es einen ergreifenden Bericht über einen Heiligen Abend, den Nietzsche mit seiner Mutter verlebte. Man hatte ihn aus der Irrenanstalt seiner Mutter zur Pflege gegeben. Bei der Vorbereitung der Feier des Heiligen Abends hatte die Frau Pastor - er stammte aus einer Pastorenfamilie - ihren Sohn gefragt, ob er einen kleinen oder einen großen Christbaum wünsche. "Natürlich einen sehr großen", antwortete er. Als sie dann das festliche Zimmer betraten, ließ sich Nietzsche in der Nähe des Baumes in einen Sessel nieder und strahlte wie ein verzücktes Kind die glänzenden Kugeln und brennenden Kerzen an. Dann sagte er zu seiner Mutter: "Das ist doch das Schönste im ganzen Haus." Brach hier nicht das durch, was er auch geschrieben hat, das Christentum sei "das beste Stück idealen Lebens, welches ich wirklich kennen gelernt habe; von Kindesbeinen bin ich ihm nachgegangen, und ich glaube, ich bin nie in meinem Herzen gegen dasselbe gemein gewesen." Weihnachten ist wirklich verlängert. Weihnachten ist durch die Begegnung mit dem Gottmenschen JESUS bei) jeder heiligen Messe.

 

 

 

Bischof Nikolaus

Seit vielen Jahren kommt ein Schuldirektor im Ruhestand vor dem Nikolausgedenktag in das Kinderdorf St. Anton bei Bruck an der Großglocknerstraße. Die Freude bei den Kindern ist immer groß. Er findet immer die rechten Worte, sie zum Guten zu ermuntern und sie dann mit "Nuss und Mandelkern" und anderen guten Sachen zu beschenken.

Der wahre Bischof Nikolaus lebte in Myra in der Türkei im 4. Jahrhundert. 1082 oder 1087 kamen seine Reliquien durch Kaufleute, die - so wird erzählt - sie in Myra gestohlen hatten, nach Bari in Apulien. Die Historiker tun sich mit seinen Lebensdaten schwer, dafür gibt es aber viele tröstliche und schöne "Geschichten" die ihn als großen Helfer in zahlreichen Nöten zeigen. Drei armen Mädchen habe er einmal durch eine Spende an ihren Vater zu einer ehrenhafen Ehe verholfen. Menschen in Seenot und unschuldig Verurteilte konnte er retten und große Hilfe in einer Hungersnot erwirken.

Ein Nikolausspiel könnte man auch in der eigenen Familie machen, dass etwa ein Kind im Nikolaus-Gewand zu den Eltern und Geschwistern spricht: "Grüß Gott, liebe Familie! Wie geht es Euch? Seid ihr immer gut zueinander gewesen? Sonst verzeiht Euch einander und betet zu Gott. Dann wird ER Euch helfen. Macht einander eine Freude, dann wird Gott immer bei Euch sein. Ich wünsche Euch alles Gute und habe Euch auch etwas mitgebracht! Euer Bischof Nikolaus."

Der liebe Nikolaus-Schuldirektor hat einmal im schönen Bruck dies erlebt: Er wurde wohl von einer Mutter eingeladen. Als er aber kam, hatte man sich gar nicht auf seinen Besuch vorbereitet. Der Vater lag am Sofa und machte gar keine Anstalten, den Fernseher auszuschalten. Als dies dann doch geschah, aber keine rechte Reaktion auf die Begrüßungsworte des Nikolaus kam, fragte er die Kinder, ob sie vielleicht ein passendes Liedchen in der Religionsstunde gelernt hätten. Da fing eines zu singen an: "Fuchs, du hast die Gans gestohlen."

 

 

Himmelfahrtskommando

Sicher wissen nicht bloß die alten Soldaten, was ein Himmelfahrtskommando ist. Bei solchen Aktionen geht es meistens um die Abwendung einer großen Bedrohung oder um die Rettung von Menschen in schwierigster Lage. JESUS sagte: "Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben einsetzt für seine Freunde" (Joh. 15,13).
Es gibt auch Höllenfahrtsaktionen. Da geht es nicht um die Rettung von Menschen. Glaubwürdig wird berichtet: Bei der großen Lawinenkatastrophe 1954 in Vorarlberg ließ sich ein Zwanzigjähriger nicht abhalten, anderen zu helfen, obwohl er um die allgemeine Gefahr wusste. Er kam dabei durch eine Lawine ums Leben. Kurze Zeit nach seinem Tod durfte er einem gottverbundenen Menschen mitteilen, dass er schon die Vollendung im Himmel erreicht habe, weil er im Dienste der Nächstenliebe gestorben ist, obwohl er in seinem Leben religiös nicht besonders eifrig war.
Auf Grund unserer Liebe werden wir einmal gerichtet. Ein Bekannter aus dem Großen Walsertal, der fast alle der damaligen Lawinentoten kannte, erzählte, es sei ihm plötzlich zum Bewusstsein gekommen, dass es sich bei den Verunglückten durchwegs um gute Menschen gehandelt habe. Er fragte sich: Warum hat es gerade diese getroffen? Die Antwort: Sie waren reif für die ewige Belohnung. GOTT hat sie heimgeholt. Uns schenkt Er noch Zeit, der ewigen Freude des Himmels entgegenzureifen.

 

 

Die Schönheit?

Warum braucht es die Überwindung einer Scheu, diese „Geschichten“ zu erzählen? Werden sie geglaubt? Sie sind wahr. Der Beweis wird gerne gegeben.

Ein fünfzehnjähriges Mädchen kam in die Sprechstunde eines Arztes. Er schreibt später: „Barbara war eine ausgesprochene Schönheit. Deswegen warnte ich sie in der Gegenwart ihrer Mutter gelegentlich: Ein hübsches Mädchen hat es oft schwer; wenn Sie persönlich nicht den Kopf verlieren, können Sie in Ihrem Leben viel erreichen.“ Und zur Mutter: „Sie kann den besten Mann heiraten.“ Zwei Jahre später war Verlobung mit dem angehenden Direktor der Fabrik, in der Ihr Vater einfacher Arbeiter war. Barbara sagte einmal zum Arzt: „Mein Bräutigam würde aus religiösen Gründen niemals vor der Ehe mit mir schlafen wollen. Auch das gefällt mir so gut an ihm.“ Etwas später hatte der Bräutigam, der eine Dienstreise in die USA machen musste, nichts gegen eine Mittelmeerreise seiner Verlobten. Um den Aufdringlichkeiten verschiedener Burschen zu entgehen, ließ sich Barbara allein aufs Zimmer des Reiseleiters einladen, dort halb betrunken machen, dann zur Einnahme von Heroin verleiten. Daheim musste sie wieder zum Arzt, der bei ihr Syphilis feststellte. Den Reiseleiter hat der Vater auf offener Straße erschossen. Eine nachdenkliche Frage: Hat ein bald zwanzigjähriges Mädchen wirklich nicht die Erkenntnis, eine solche Gefährdung zu erfassen?

In einer Tiroler Kirchenzeitung vom heurigen Jahr ist zu lesen: „Eva ist zwanzig Jahre alt und hat gerade zu studieren begonnen. Nebenbei arbeitet sie als Kellnerin. Seit ein paar Monaten lebt sie in einer sehr glücklichen Beziehung. Dann bemerkt sie ihre Schwangerschaft, die trotz gewissenhafter Verhütung 'passiert' ist.“ Der „Freund“ stellt Eva vor die Wahl: entweder er oder das Kind. Wieder die Frage: Worin besteht das Leben „einer sehr glücklichen Beziehung“ vor der Gemeinschaft in der Ehe? Ist die „gewissenhafte Verhütung“ die Lösung für das Fehlen echter Liebe für den anderen?

Es gibt sie noch diese tief gehende und echte Liebe. Vor drei Tagen kam er auf Besuch. Er sieht sehr gut aus, hat einen guten Beruf und ein schönes Elternhaus. Er hat „gewartet“; schon ziemlich einige Jahre, und er hat - man erschrecke nicht - auch gebetet. Und jetzt haben sich beide gefunden. Vielleicht werden sie bald ihr Ja in der Kirche sprechen.

Ein herzliches Grüß Gott!

                ihr Pater Siegfried

(Diese Geschichte ist neu und findet sich nicht im Buch "Geistliche Miniaturen"!)

 

 

Schutzengelfest

Die Existenz der Engel als von Gott geschaffene personale Wesen von einer nicht in menschlicher Weise leibgebundenen Geistigkeit ist klar in der Heiligen Schrift bezeugt und in feierlicher Weise als Glaubenssatz definiert. Auch der Glaube, dass jeder Getaufte dem Schutz eines Engels anvertraut ist, ist in der göttlichen Offenbarung und im Glauben aller Jahrhunderte fest verwurzelt. Es gibt viele gut bezeugte Schutzengelerlebnisse. Eines der ergreifendsten erlebte der Franziskanerpater Gereon Goldmann. Er war Sanitätsunteroffizier. In einer Spätsommernacht 1943 auf einem Notverbandsplatz in Sizilien wurde er durch die klaren Worte aufgeschreckt: "Aufstehen, schnell, ein Splitterloch graben!" Dieser Anruf wiederholte sich noch zweimal. So stand er auf und begann in dem felsigen Boden zu graben. Gegen Morgen, als die etwa dreißig anderen Kameraden ihren Unteroffizier graben sahen, spöttelten sie. Er tat sich schwer, das in der Nacht Erlebte zu erzählen, forderte aber alle auf, sich ebenfalls einzugraben. Nur einer tat es. Gegen neun Uhr stiegen die beiden in die Löcher, um zu sehen, ob sie groß genug waren. Da kam ein Bombenangriff genau auf ihren Platz. Nach zwanzig Minuten wurden P. Gereon und sein Kamerad bewusstlos und, abgesehen von einigen Splittern im Rücken, unverletzt aus ihren Gräben gezogen. Alle anderen waren tot oder schwer verletzt. Drei Wochen später erhielt er aus Fulda, wo er als Bub in einer Schwesternkapelle immer ministriert hatte, von der Sakristeischwester einen Brief. Sie sei eines Nachts aufgewacht und habe gespürt, dass er in großer Gefahr sei. Da sei sie in die Kapelle gegangen und habe lange für ihn zum Schutzengel gebetet. "Schreibe doch bitte, ob etwas passiert ist." Es war die Nacht, in der er durch den geheimnisvollen Anruf gerettet wurde.

 

 

Reinkarnation

Bekümmert fragte das Mädchen die ältere Freundin: "Ein guter Bekannter sagte mir, er glaube an die Wiedergeburt, die Reinkarnation. Was soll ich davon halten?" - "Gar nichts", war die Antwort, "weil es die Wiedergeburt in diesem Sinne nicht gibt. Du warst doch vor kurzem in Medjugorje. Die Gottesmutter hat dort auch einmal von der Reinkarnation gesprochen, am 24. Juli 1982."

Die Botschaft der Gottesmutter war damals:

"Liebe Kinder, sagt es den Menschen. Es gibt keine Reinkarnation. Wir gehen zum Himmel bei vollem Bewusstsein, wie wir es jetzt haben. Im Augenblick des Todes sind wir uns der Trennung von Leib und Seele bewusst. Es ist erforderlich, die Menschen darüber zu unterrichten, dass wir nicht mehrmals geboren und nicht in verschiedenen Körpern wiedergeboren werden. Man wird nur einmal geboren. Der Körper, von der Erde angezogen, verwest nach dem Tod. Der Mensch erhält einen verklärten Leib. Auch wer im Leben viel Böses tat, kann trotzdem in den Himmel kommen, wenn er beichtet, bereut und am Ende des Lebens kommuniziert. Danke, dass ihr meinem Ruf gefolgt seid."

"Ich danke für diese klare Auskunft", sagte das Mädchen.

 

 

Die gute Nachricht

Auf die Frage: "Was glauben Sie, kommt nach dem Tod?" gab Günther Nenning zur Antwort: "Unerträglich anzunehmen, dahinter ist gar nichts. Sicher ist da was. Ich glaub's mit Schmerzen, ich glaub's mit Zweifeln" (Kleine Zeitung v. 27.9.1995). G. Nenning ist zu gescheit, um sich des Widerspruchs in dieser etwas saloppen Formulierung nicht bewusst zu sein. Einerseits: "Sicher ist da was", andererseits: "Ich glaub's mit Zweifeln". Er meint wohl nicht echte Zweifel, sondern Verstehensschwierigkeiten, wie man sich das, was "dahinter ist" vorstellen kann. Schon Paulus musste auf die Frage eingehen: "Wie werden die Toten auferstehen? Was für einen Leib werden sie haben?" An der Tatsächlichkeit der Auferstehung zweifelten die Frager nicht. Weil "Stückwerk unser Erkennen ist" (1 Kor 13, 9), kann auch Paulus nur eine allgemeine Antwort geben: "Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer Leib" (15, 44). Und: "Wir verkündigen, wie es in der Schrift heißt, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben" (2, 9).
Warum aber: "Ich glaub's mit Schmerzen"? Haben wir denn nicht Grund zur Freude über "das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben"? Wir haben wohl alle Angst vor der Rechenschaft über unser Leben, vor dem Gericht bei unserem Tod. Doch dieses Gericht ist -ein Selbstgericht. Es liegt in unserer Hand, wie es ausfällt. Gott tut nichts lieber als verzeihen, aber umkehren müssen wir. Jesus hat seine Verkündigung mit den Sätzen begonnen: "Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" (Markus 1, 15). Das Evangelium, auf deutsch: die FROHE BOTSCHAFT, die gute Nachricht, ist, dass unser Leben nicht einfach sinnlos abbricht, sondern die tiefe Sehnsucht unseres Herzens nach dem Glück, in der ewigen Freude beim dreifaltigen Gott seine Erfüllung finden kann.

 

 

Ehrfurcht

Vor Jahren lernte ein junger Däne in seiner Heimat eine katholische Familie kennen. Die tiefgläubige und lebensfrohe Haltung dieser Menschen machte auf ihn einen tiefen Eindruck. Um den Grund dieser Lebenshaltung noch besser kennenzulernen, bat er, mit ihnen einmal in die katholische Kirche gehen zu dürfen. Dort bemerkte er mit Bewunderung, wie diese Katholiken ehrfurchtsvoll eine Kniebeugung machten und sich zum Beten niederknieten. Gerade das war ihm Anlass, sich noch näher nach dem katholischen Glauben zu erkundigen. Es dauerte dann nicht mehr lange, bis er sich entschloss, um Aufnahme in die katholische Kirche zu bitten.

Auch die bekannte Jugendpsychotherapeutin Christa Meves schreibt über ihren Glaubensweg: "Einer der Gründe, warum ich katholisch geworden bin, besteht darin, dass die Gepflogenheit der katholischen Kirche mir die Möglichkeit gibt, während der Messfeier zu knien. In mir ist ein Bedürfnis, mich einzufalten, mich zu beugen, so tief es nur irgend geht. Da ist so viel auf dem Buckel. Wie eigentlich soll Gott es uns anders abnehmen können, als indem wir es ihm hinhalten, es über den Rücken vor ihm auskippen, all das, was mit all der endlos lässigen Sündenlast in mir selbst ist, darüber hinaus die Last der Seelennot so vieler Schwerkranker, mir persönlich Bekannter und Anvertrauter in meinem Umfeld".

Beim Fronleichnamsfest gedenken wir Katholiken in besonderer Weise der Gegenwart unseres Herrn als Gott und Mensch im Altarsakrament. Wir bitten um seinen Segen für unseren Ort mit allen Bewohnern. Grösste Ehrfurcht gebührt dem, der sagte: "Ich bin das Brot des Lebens. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, (ich gebe es hin) für das Leben der Welt".

 

 

Osterwoche

Was ist geblieben von Ostern, dem Hochfest der Auferstehung unseres HERRN? Eine Bestärkung der Überzeugung von unserer eigenen Auferstehung? Die Gedanken gehen zu einem evangelischen Pfarrer, von dem der ebenfalls wegen seiner Glaubensüberzeugung im Konzentrationslager Buchenwald gefangene Salzburger Priester Leonhard Steinwender schreibt: "Eine heroische Gestalt, zu der das ganze Lager mit ehrfürchtiger Bewunderung aufschaute, war der evangelische Pfarrer Schneider aus dem Hunsrück." Weil er die Hakenkreuzfahne nicht grüßte, wurde er in das berüchtigte Lagergefängnis geschleppt, in dem er dreizehn Monate die furchtbaren Qualen einer sadistischen Behandlung erlitt. Vor dem einstöckigen Bunkergebäude war der große Appellplatz, an dem sich die Häftlinge täglich morgens und abends zum Zählappell einzufinden hatten. An den höchsten Festtagen ertönte während der Stille des Abzählens plötzlich die mächtige Stimme Pfarrer Schneiders durch die dumpfen Gitter des ebenerdigen Bunkers. Er hielt wie ein Prophet seine Festtagspredigt, das heißt, er versuchte sie zu beginnen. Am Ostersonntag zum Beispiel hörten wir die mächtigen Worte: "So spricht der HERR: ICH BIN DIE AUFERSTEHUNG UND DAS LEBEN!" Bis ins Innerste aufgewühlt durch den Mut und die Kraft dieses gewaltigen Willens standen die langen Reihen der Gefangenen. Er konnte nur ein paar Sätze sprechen, dann schlugen die Prügel der Bunkerwächter auf ihn ein. Im Juni 1939 ist seine Kraft der rohen Gewalt erlegen. Dies ist gewiss: Er lebt weiter. Er ist auferstanden.

 

 

 


Versehgang Hl. Josef

In der Pfarrkirche in Gnesau im oberen Gurktal hängt zu Füßen einer Statue des Hl. Josef eine kleine alte Versehlaterne. Mit ihr hat es folgende Bewandtnis: Bald nach der Übernahme des Pfarramtes wurde der 1966 verstorbene Pfarrer Messinger eines Nachts zu einem Versehgang herausgeläutet. Den Versehboten kannte er nicht, da er erst kurz in der Pfarrei war. Der Mann sagte zu ihm, dass er ihn zu einem Sterbenden führen wolle. Es ging zuerst in die nächste Ortschaft und dann dem Bergwald zu. Als der Bote am letzten Hof vorbeiging, sagte ihm der Pfarrer, dass weiter oben nur mehr Wald sei und kein Mensch dort wohne. Doch der Mann ging weiter und der Pfarrer folgte ihm verwundert. Auf einmal stand die Laterne neben dem Weg und der Mann war verschwunden. Da bemerkte der Pfarrer eine Heuhütte, aus der schmerzliches Stöhnen herausdrang. Er öffnete die Tür und im Licht der Laterne sprach ihn ein alter Mann unter Stöhnen an: "Hochwürden, wie kommen denn Sie daher? Mein ganzes Leben habe ich zum Hl. Josef gebetet, dass ich nicht ohne Sterbesakramente sterben müsse. Jetzt habe ich gedacht, ich werde doch ohne Priester sterben. Und jetzt sind Sie da." Erschüttert bereitete der Pfarrer den Armen auf den Tod vor, spendete ihm die Krankensalbung und reichte ihm den Leib des HERRN.. Er blieb bei ihm, bis er in der Morgenstunde starb. Wer war der Versehbote? Der Heilige Josef starb in den Armen Jesu. Darum wird er als Helfer für die Todesstunde angerufen. Auch wir könnten dies tun.

 

 

 

STERNSTUNDE

Da sagte ein junger Mensch, etwa zwanzig Jahre alt, mit strahlenden Augen: "Pater, vor einer halben Stunde habe ich erkannt, dass ich immer nur an mich selber denke. Alles muss sich um mich drehen. Immer frage ich mich, was es mir bringt. Ich bin der größte Egoist, der in der Welt herumläuft. Was muss ich tun, um ein anderer Mensch zu werden?" Eine Sternstunde des Lebens, ein Abschied von der ichbezogenen Kindheit, ein Aufbruch in die Welt der Mitmenschen, ein Einbruch göttlichen Lichtes. Was muss ich tun? Zwei Erkenntnisse sind es, die ein Kind zum Erwachsenen machen: Erstens, Gott hat einen Plan für mein Leben, zweitens, ich muss die Ichbezogenheit durchbrechen. Es geht um die beglückende Erfüllung dessen, was Jesus auf die Frage nach dem wichtigsten Gebot gesagt hat: "Du sollst den HERRN, deinen GOTT, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (Mt 22, 37).

Gott kommt uns mit seiner Liebe zuvor. Er hat einen Plan, wie wir glücklich werden können. Er zwingt uns aber nicht. Er gab uns Talente und Fähigkeiten. Er stärkt uns immer durch sein Wort, das wir wenigstens im Sonntagsgottesdienst immer hören können, und durch die göttlichen Hilfen der Sakramente. Warum denken wir nicht mehr an sie, etwa an die doch immer wieder notwendige Korrektur unseres Lebens durch die Beichte? Deshalb ist die Begegnung mit JESUS in der heiligen Kommunion so oft ohne Wirkung. Und: Glücklich werden kann man nicht allein. In der Zeller* Bahnhofsbuchhandlung war kürzlich das Büchlein ausgestellt: "Die schönsten Poesiealbumverse". Es enthält gewiss die Worte: "Willst du glücklich sein im Leben, trage bei zu andrer Glück; denn die Freude, die wir geben, strahlt ins eigene Herz zurück." Abgedroschen? Aber doch richtig.

* Zell am See

 

 

 

NEUJAHRSWUNSCH


Eine Schülerin einer höheren Schule schrieb ihrem Religionsprofessor als ihren Neujahrswunsch, "dass wir in Religion etwas über Gott erfahren und dies uns den Glauben stärkt". Der Religionslehrer war erfreut und erschrocken zugleich. Hatte er sich nicht immer bemüht, von Gott zu sprechen und dadurch den Glauben zu stärken? Und doch muss seinem Unterricht etwas gefehlt haben. Er dachte an die Erfahrungen einsichtiger Pädagogen: "Erzogen wird zu neunzig Prozent und mehr durch das Beispiel, und nur der Rest ist das Wort und die Satzung." Er fragte sich auch, ob er die freudige Hoffnung und Zuversicht ausstrahle, die uns als Christen durch das Leben und die Auferstehung Jesu gegeben ist.
Wir können mit Paulus sagen: "Unsere - ewige - Heimat ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch JESUS CHRISTUS, den HERRN, als Retter, der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich alles unterwerfen kann" (Philipperbrief 3, 20 f). Wir brauchen nicht wie der große Philosoph Karl Jaspers (1883 - 1969) bloß nach außen hin Hoffnung zu zeigen.
Er hat vor seinem Sterben seine Hoffnungslosigkeit bekannt und gesagt: "Man darf dies nicht zeigen. Man darf sich nicht zurückfallen lassen. Man muss den Sprung wagen, auch ins Dunkle, auch ohne Hoffnung. Hoffnungslosigkeit hilft doch keinem Menschen." Unser Glaube ist ein begründeter Glaube. Gott wirkt auch in der heutigen Zeit. Es gibt auch heute die Frauen und Männer, die als Christen bereit sind, "jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die sie erfüllt" (1Petrusbrief 3, 15).


 

 

DER BAUM

Eine alte Geschichte, wiederholt schon gelesen, kam kürzlich wieder vor die Augen. Aufs Neue hat sie berührt. Ein junger Mann fährt wenige Tage vor Weihnachten aus dem Gefängnis nach Hause, ja, wenn ihn die Seinen wieder aufnehmen. Sonst fährt er vorbei. Er hatte durch seine Tat große Schande über die Familie gebracht. Die Familie litt schwer. Sie hat ihn nie besucht. Sie brauchte viel Zeit, um die ihr zugefügte Verletzung zu bewältigen. Zeit hatte auch er, um sein Vergehen einzusehen und zu bereuen. Der Gefängnisseelsorger, dem er sich anvertraut hat, half ihm dazu. Er hätte es auch verstanden, wenn ihn die Angehörigen für eine weitere Zeit nicht sehen wollten. So schrieb er ihnen: "Wenn ihr mir verzeihen könnt und mich wieder aufnehmen wollt, dann knüpft an den Baum vor unserem Haus, an dem der Zug vorbeifährt, ein weißes Band." Je näher er dem Elternhaus kam, desto mehr wurde er erregt. Er konnte nicht mehr aus dem Fenster sehen. Er bat einen Mitreisenden, dem er die Sache erzählte, für ihn aus dem Fenster zu schauen. "Jetzt muss der Baum kommen!" Und der Mitreisende: "Schau, mach die Augen auf! Der ganze Baum ist voller weißer Bänder!" Tränen brachen dem jungen Mann aus den Augen.
Haben auch wir jetzt zur Weihnachtszeit jemandem zu verzeihen und einen Baum mit vielen weißen Bändern zu schmücken?

 

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Die "Geistlichen Miniaturen" sind eine Sammlung von Kurzgeschichten und Meditationen von P. Siegfried Staudinger OFM.


P. Siegfried Staudinger OFM verstarb im Mai 2012 im Alter von 92 Jahren.